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Sonntag Morgen

Der letzte Sonntag Morgen hängt noch glücklich in meinem Hirn. Die Erinnerung daran macht mich leicht und gewiss. Schreiben ist einfach mein Ding.

Das ging so: Ich wachte früh auf. Es war noch alles ganz ruhig. Ich kletterte aus dem Fenster (ja, echt!) und setzte mich auf den Fenstersims. Vor mir lag ein Meer aus Dachziegeln, dahinter ein Streifen grün, ein Feld braun, ein Band Wald, alles pittoresk garniert mit Nebelfetzen, Krähenrufen und erfrischender Kühle. Es war ein perfekter Morgen. Einfach da sitzen, Ruhe geniessen. Sein.


15 Minuten

Das ging 5 Minuten gut. Dann wünschte ich mir einen Stift und einen Block, um all die poetischen Eindrücke festzuhalten. Noch mal 5 Minuten rang ich mit mir, ob ich tatsächlich wieder reinklettern und unten den Block holen soll. Wie gut, dass ich mich dafür entschieden hatte. Und erst noch mit dem Tüpfelchen auf dem i - Kaffee in meiner Hand - und schon bald in meinem Bauch :-)

So sass ich weitere 5 Minuten später wieder auf dem Sims und notierte meine Sinneseindrücke.


Die Tabelle

In einer Tabelle schrieb ich auf, was ich fühlte, sah, hörte, schmeckte, roch und was sonst noch durch meinen Kopf ging. Ich konnte fast nicht mehr aufhören. Dieses Eintauchen in die Natur, in meine Umgebung, ins Hier und Jetzt. Wenn die Verbindung zwischen allem spürbar wird. Das wärmt.

DOCH: Die Morgenluft war kühl und frisch. Die Kälte schlich sich langsam in mich hinein, schubste mich schlussendlich in die warme Wohnung.

Auch gut.

Denn hier schrieb ich völlig selbstversunken die erste Sammlung meiner Gedanken nieder.

Glück pur.


Die zweite Fassung

Am Montag machte ich etwas, das ich ganz selten mache: Ich überarbeitete meinen Text. In aller Regel lasse ich meine Texte genau so, wie sie aus mir raus fliessen. Mit dem Geschriebenwerden haben sie ihren Zweck getan. Es sind nicht Texte, die veröffentlicht werden sollen. Der Prozess steht im Vordergrund.

Doch mein Morgenglück wollte ich festhalten. Also schrieb ich den Text noch mal. Strich einige Passagen raus, änderte hier und dort ein Wort.


Aller guten Dinge...

... sind drei. So habe ich mir heute Zeit gegönnt, den Text durch meinen ganz persönlichen "Reduzier-Filter" gleiten zu lassen. Mit pink Leuchtstift markierte ich die Sätze, an denen meine Augen haften blieben.

Und daraus verfasste ich mein Mittelachsengedicht.


Hach - I LOVE IT. Es ist wirklich wahr: Die Mittelachsenlyrik zentriert. Bringt mich in meine Mitte. Macht mich ruhig. Fokussiert. Liebe und Vorfreude tanzen in meinem Bauch. Dankbarkeit wärmt meine kalten Füsse.

Alles ist gut.

Ich schreibe.



 

Nebelschwaden

verstecken

den Wald. In der

Ferne leuchten Lichter.

Vogelgeflatter

lässt die Luft vibrieren. Auf meiner

Zunge liegt

ein letzter Schluck

Kaffee.

Ein Flugzeug trägt Menschen von hier

weg. Ein Hahn kräht in

die Morgenruhe.

Vorfreude

kribbelt

in meinem Bauch.

Baumwipfel stechen in

den Silberhimmel. Vor mir liegt ein

Loch

im Wald. Ein Tor zur

Welt dahinter? Der Himmel

vermischt sich mit meinem Atem. Es ist

ein ruhiger Sonntag Morgen. Die Kirchenuhr schlägt.

Mein Herz

schlägt.

Die Ruhe ist vorbei. Es wird Zeit. Zeit.

Zeit. Zeit.

Zeit zum Neubeginn.


 

Jetzt du

Give it a try. Schenk dir 20 Minuten. Setz dich in die Natur. Schreib deine Sinneswahrnehmungen auf. Am besten geht das mit einer Tabelle. In die Spalten schreibst du: sehen, hören, fühlen, riechen, schmecken, sonstiges.

Schreib danach einen Text aufgrund deiner Notizen. Du kannst ganz lange und auch kurze Sätze machen. Schreib, was du wahrgenommen hast. Vielleicht hast du Lust, diese Eindrücke mit deinen Gedanken und Gefühlen anzureichern? Go for it!

Lass deine Augen danach über deinen Text gleiten. Wo bleiben sie hängen? Markiere diese Sätze.

Verwende sie für dein Mittelachsengedicht. Verteile die Sätze entlang einer imaginären Mittelachse. Schreibe von Hand. Gönn dir dafür genügend Zeit.

Schreibe ruhig.

Achte auf deinen Atem.

Viel Freude.


Mittelachsenlyrik Martina Flück


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